Der Rundgang durch die alte Produktionsstätte versetzt in Staunen.
Denn alles blieb unverändert: An der Wand hängt ein Abreißkalender mit dem Datum
des Tages, als die Maschinen der Fabrik stehenblieben und die Tore geschlossen wurden.
An der Tür der Färberei erkennt man noch heute die Kreideschrift von Ludwig Müller,
der vor über 40 Jahren ein Rezept für eine Färbelösung daran schrieb. Zigarettenschachteln,
ein alter Kaffeepott, haufenweise handgeschriebene Zettel. Alle Dinge vermitteln
den Eindruck des letzten Arbeitstags.
Und dann fangen auch die alten Webstühle wieder an zu arbeiten.
Die Webschützen sausen hin und her. Aus loser Wolle wird feines Tuch gefertigt.
Mächtige Krempelmaschinen kämmen Wolle, filigrane Spinnmaschinen formen einen
feinen Garnfaden. An den regelmäßig veranstalteten „Dampfsonntagen“ ist sogar die
mächtige Dampfmaschine von 1903 in voller Aktion zu bestaunen.
Die Tuchfabrik Müller ist ein außergewöhnlicher Ort.
Er vermittelt den Eindruck, als ob die Geschichte „selbst“ das Museum eingerichtet
habe: Die Maschinen und Werkzeuge, die großen und kleinen Dinge sind da, wo sie schon
immer hingehörten. Filme, kleine Installationen und Modelle unterstützen das Erlebnis der
Fabrikwelt und erzählen von der Arbeit, von Hitze und Dampf in der Färberei, vom
faszinierenden Mechanismus der Transmission mit ihren zahllosen Rädern und Rädchen.
Kurze Auszüge aus Interviews mit den ehemaligen Beschäftigten lassen deren Erfahrungen
und Gefühle wieder lebendig werden.